- westkaukasische Literaturen.
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Als Teil der kaukasischen Literaturen umfassen die westkaukasischen Literaturen sowohl die über lange Zeit nur mündlich tradierten Werke der Volksdichtung als auch die relativ jungen künstlerischen und gelehrten Werke namentlich bekannt gewordener Autoren in abchasischer, abasinischer, kabardinischer und adygeischer Sprache. Enge strukturelle Beziehungen bestehen zu den ostkaukasischen Literaturen und zu den Literaturen in indogermanischen Sprachen und Turksprachen des Kaukasus. Verbreitete Stoffe der Volksdichtung sind besonders die Nartendichtung sowie die Prometheussage; umfangreich sind auch die Märchenstoffe. Tscherkessische (kabardinisch-adygeische) Lieder werden nach verschiedenen Typen, wie kriegerische Chorgesänge, zum Streichinstrument vorgetragene Sologesänge, Schmäh- und Unterhaltungslieder, unterschieden. Formgebung und Verbreitung erfolgte durch berufsmäßige Dichter und Sänger. Namentlich bekannte Epiker und Lyriker der älteren Generation, wie der Kabardiner Bekmursa Mascharitsch Patschew (* 1854, ✝ 1936) oder der Tscherkesse Zug A. Teutschesch (* 1855, ✝ 1940), wurzeln noch in der mündlichen Volksdichtung. Mit der Schaffung von Literatursprachen eng verknüpft sind Probleme der alphabetischen und dialektischen Grundlagen. Als Basis für die Schrift dient heute in der Regel das durch Zusatzzeichen erweiterte kyrillische Alphabet.Der Schöpfer der abchasischen Originalliteratur, Dmitrij I. Gulia (* 1874, ✝ 1960), schuf auf der Grundlage der Volksdichtung das Versepos »Abrskil« (1910) und trat auch als Historiker, Ethnologe, Dramaturg und Übersetzer hervor. Iwan G. Papaskiri (* 1902) schreibt Romane in Gulias Tradition. Die Ausbildung der kabardinischen Literatur erfolgte durch Ali Adschanowitsch Schogenzukow (* 1900, ✝ 1941). Inzwischen gibt es neben einer reichen Übersetzungsliteratur eine Reihe adygeischer und kabardinischer Romane, u. a. von Tembot M. Keraschew (* 1902), Jussuf I. Tljusten (* 1913) und Schorten Askerbi (* 1916). Als Schöpfer des Romans bei den Lakken gilt K. Zakujew. Neben Lyrik und Prosa entwickelte sich auch das Drama (in abchasischer, lakkischer und lesgischer Sprache).Karl H. Schmidt: Die west- u. ostkaukas. Literaturen, in: Kindlers Neues Lit. Lex., hg. v. W. Jens, Bd. 20 (1992).
Universal-Lexikon. 2012.